Nachtarbeit kann Gewichtszunahme begünstigen

Michel Montignac

In westlichen Ländern arbeitet ungefähr jeder fünfte Berufstätige in einer Spätschicht oder sogar Nachtschicht. Außer dass Schlafphasen und Wachphasen durcheinander gebracht werden, haben Studien gezeigt, dass diese Zeitverschiebungen negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel haben und dadurch Gewichtszunahme begünstigen.

Selbst wenn es einigen Personen schwer fällt, müssen wir uns bei einer Änderung des Tag-Nacht-Rhythmus, zum Beispiel nach einem transatlantischen Flug, nach und nach anpassen, denn das Licht ist der Faktor, der den Melatonin-Zyklus steuert, bei Dunkelheit wird also mehr von diesem Schlaf-Hormon ausgeschüttet. Wir müssen auch daran denken, unsere Essenszeiten dem geänderten Rhythmus anzupassen.

Andererseits unterliegen die Personen, die in Nachtschichten arbeiten, widersprüchlichen Einflüssen. Bei ihnen stimmen die Signale, die durch ihre biologische Uhr wahrgenommen werden, wie das Licht oder Essenszeiten nicht mit dem Wach/Schlaf-Zyklus überein.

Die Tatsache, dass Berufstätige ihrer Familie oder Freunden zuliebe oft nach Feierabend oder an ihren freien Tagen den normalen Tagesrhythmus wieder aufnehmen, verlangt kurzzeitige Anpassungen. Diese widersprüchlichen Informationen führen dann zu Änderungen im Bio-Rhythmus, die dann mehr oder weniger schwerwiegende Hormonstörungen und Stoffwechselveränderungen mit sich bringen und zu chronobiologischem Stress führen können.

Studien haben gezeigt, dass während nächtlicher Arbeitsperioden weniger Cortisol (1) ausgeschüttet wird als tagsüber, obwohl dieses Hormon bei körperlicher und geistiger Aktivität vermehrt gebraucht wird. Umgekehrt war die Absonderung von Cortisol während des Schlafes am Tag übermäßig hoch und führte zu Schlafstörungen. Tatsache ist, dass diese Cortisol-Schwankungen - wie im Fall des Wachstumshormons - einige der Faktoren sind, die den Kohlenhydrat-Stoffwechsel und die Insulinausschüttung beeinflussen.

Durchgeführte Studien über Nachtarbeiter in der Antarktis haben eine Erhöhung des Blutzuckersspiegels, des Insulinspiegels und der Blutfettwerte nach dem Essen gezeigt, die zu einer Insulinresistenz bei den normalen Essenszeiten führen. Andere Studien hatten bereits die Erhöhung der Triglyceride unter denselben Versuchsbedingungen beobachtet.

Nacht- oder Schichtarbeiter haben also ein erhöhtes Risiko fettleibig zu werden. Drei zukunftsorientierte Studien (darunter zwei bei Krankenschwestern), haben herausgefunden, dass der BMI (Körpermasse-Index) bei nachts arbeitenden Personen viel höher ist als bei Personen die tagsüber arbeiten.

 

1. Cortisol: Hormon, das von der Nebennierenrinde abgesondert und hauptsächlich bei körperlichem und psychischem Stress ausgeschüttet wird.

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