Langsame Zucker / schnelle Zucker - ein falscher Begriff

Lange Zeit wurden die Kohlenhydrate in zwei unterschiedliche Kategorien eingeteilt:

  • schnelle Zucker oder schnell resorbierbare Zucker
  • langsame Zucker oder langsam resorbierbare Zucker

Die Unterscheidung beruhte auf der Annahme, der Organismus brauche verschieden lang für ihre Aufnahme. Man ging davon aus, dass die Resorption der Glukose nach Verdauung des Kohlenhydrats je nach Komplexität des Kohlenhydratmoleküls mehr oder weniger schnell erfolgte.

Mehrere Studien haben jedoch seit nunmehr über 20 Jahren bewiesen, dass diese Einteilung falsch ist.
Die Darmresorption aller Kohlenhydrate erfolgt unabhängig von der Komplexität des Moleküls im gleichen Zeitraum, der ungefähr eine halbe Stunde beträgt.

„Schnelle Zucker“ und „langsame Zucker“ - ein falscher Begriff!


Durch die Unterscheidung zwischen „einfachen Zucker“  und „komplexen Zucker“ sind die Ernährungswissenschaftler lange davon ausgegangen, dass die „einfachen Zucker“ (Obst, Honig, Kristallzucker, Würfelzucker ...) aus ein oder zwei Molekülen bestehen und daher leicht und schnell verdaut werden.
Man war der Meinung, dass diese Zucker im Darm nur wenig verändert werden müssen und deshalb schnell in Glukose umgewandelt, von der Darmbarriere resorbiert werden und dann im Blut verfügbar sind. Deshalb wurden sie als „schnell resorbierbare Zucker“ oder „schnelle Zucker“ bezeichnet.

Im Gegensatz dazu ging man davon aus, dass bei „komplexen Zucker“ (Getreide, Hülsenfrüchte, Knollen, Wurzeln …), deren Stärkemolekül aus hunderten von Glukosemolekülen aufgebaut ist, Verdauungsenzyme länger einwirken müssen, um die einzelnen Moleküle in Glukose umzuwandeln.
Es wurde angenommen, dass dieser Vorgang mehr Zeit bräuchte und die Glukoseresorption deshalb langsamer und schrittweise vonstatten geht. Daher wurden sie „komplexe Zucker“ oder „langsame Zucker“ genannt.

Diese Einteilung wurde auf rein theoretischer Grundlage erarbeitet. Es wäre jedoch wünschenswert gewesen, zu prüfen, ob die Vorgänge auch der Wirklichkeit entsprachen.

Nachdem diese Theorie mehrere Jahrzehnte lang über verschiedenste Kanäle (Ernährungsberater, Medien, breite Öffentlichkeit) verbreitet worden war, begannen einige Forscher daran zu zweifeln und prüften, ob die lange Stärkekette eines komplexen Zuckers wirklich länger braucht, um im Dünndarm resorbiert zu werden als ein einfacher Zucker. Tatsächlich hatte man die Geschwindigkeit der Magenentleerung, die von Kohlenhydrat zu Kohlenhydrat unterschiedlich ist, verwechselt mit der Zeitspanne, die die Glukose braucht, um im Blut nachweisbar zu sein.

Die Arbeiten von Wahlqvist haben belegt, dass die Blutzuckerspitze bei allen Kohlenhydraten unabhängig von der Komplexität ihrer Moleküle ungefähr zeitgleich erfolgt.

Die oben aufgeführte Kurve zeigt, dass alle auf nüchternen Magen und einzeln verzehrten Kohlenhydrate (unabhängig von der Komplexität ihrer Moleküle) nach 25 bis 30 Minuten resorbiert werden. Die 5 Minuten Unterschied sind auf die gesamte Dauer der Verdauung, die bei ca. 3 Stunden liegt, zu vernachlässigen.

Daher kann man davon ausgehen, dass die Zeitspanne zwischen Verzehr eines Kohlenhydrats und des Auftretens der Blutzuckerspitze bei der entsprechenden höchsten Glukoseresorption bei allen Kohlenhydraten unabhängig von ihrer Komplexität gleich ist .

Diese Tatsache ist seit Beginn der 80er Jahre bekannt und war Anlass zu mehreren Veröffentlichungen und zahlreichen Artikeln. In Frankreich zählen zu den Autoren die Doktoren Jean-Pierre Ruasse, Nelly Danan und insbesondere Professor Gérard Slama.

Letzterer hat im übrigen seit mehr als 10 Jahren den Schwerpunkt seiner Arbeit auf dieses Thema gelegt. In seinen Artikeln und Vorträgen anlässlich von Ernährungskongressen (insbesondere DIETECOM), ruft er Ernährungswissenschaftler und -berater dazu auf, dieses Konzept nicht weiter zu verwenden, da es nicht den physiologischen Tatsachen entspricht.
Er hat jedoch Mühe, sich Gehör zu verschaffen! Fast alle Äußerungen von Ernährungswissenschaftlern, der Nahrungsmittelindustrie und der Medien beziehen sich auch heute noch auf den überholten Begriff von „langsamen Zuckern“ und „schnellen Zuckern“.

Ganz zu schweigen von der Welt des Sports, wo dieser Begriff immer noch mit einer fast andächtigen Gewissheit verwendet wird!
Zugegebenermaßen hinterlässt dies keinen seriösen Eindruck in Kreisen der Ernährungswissenschaft, die sich auf einen systematischen wissenschaftlichen Ansatz berufen. Die meisten Vertreter ihres Berufsstandes haben nämlich viel Mühe, nicht nur sich selbst in Frage zu stellen, sondern auch ihre Meinung entsprechend neuer Forschungsergebnisse anzupassen.
Das ist sicher der Grund warum  die breite Öffentlichkeit oft den Eindruck hat, dass in diesem Bereich viele Misstöne zu hören sind.

Fazit: Die Einteilung der Kohlenhydrate in langsame und schnelle Zucker ist falsch, da sie, wie Professor Slama betont, auf keiner physiologischen Tatsache beruht. Seit mehr als 20 Jahren wurde deshalb der Begriff des glykämischen Index geprägt, der die Fähigkeit eines Kohlenhydrats ausdrückt, die Glykämie zu erhöhen. Damit können auch die möglichen Auswirkungen auf den Stoffwechsel vorhergesehen werden.

Michel Montignac ist der erste Ernährungswissenschaftler der Welt, der Ende der 80er Jahre die Verwendung des Konzepts des glykämischen Indexes  im Zusammenhang mit Gewichtsverlust vorschlug.
Es handelt sich hierbei also um ein grundlegendes Konzept der Montignac-Methode!

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