Der glykämische Index hängt nicht von der Aufnahmegeschwindigkeit der Glukose ab

Michel Montignac

Verschiedene Ernährungswissenschaftler behaupten zum Beispiel, dass ein Kohlenhydrat mit niedrigem glykämischen Index den Vorteil hat, langsamer aufgenommen zu werden. Weiterhin wird angenommen, dass sich der geringere Anstieg des Blutzuckerspiegels über einen längeren Zeitraum hinzieht. Das ist jedoch nicht richtig!

Ein großer französischer Nahrungsmittelhersteller behauptet in seinen Gesundheitsinformationen sogar, dass sich die enthaltene Energie seiner Kekse durch den Verzehr beim Frühstück über mehrere Stunden hinweg langsam freisetzt. Dies ist absurd.

Dabei hat der namhafteste französische Diabetesforscher, Professor Gérard Slama, über Jahre hinweg, anlässlich des jährlichen Ernährungs-Symposiums DIETECOM, Ernährungsfachleute eindringlich darauf hingewiesen, dass die Einteilung in „langsame Zucker“ und „schnelle Zucker“ physiologisch nicht belegt ist.

Vergeblich, denn in Frankreich und auch im Ausland, verbinden Ernährungswissenschaftler und -berater ungestraft „langsame Zucker“ mit Kohlenhydraten mit niedrigem glykämischen Index.

Das ist sicher der Grund, warum eine bedeutende Studie, die im "The American Journal of Clinical Nutrition" veröffentlicht wurde und erneut das Gegenteil beweist, ohne Resonanz blieb.

Die Studie(*) vergleicht zwei Cerealien der Marke Kellogg’s:

- Cornflakes mit hohem glykämischen Index (GI)
- All Bran mit niedrigem glykämischen Index (halb so hoch wie der GI der Cornflakes)


Der Versuch zeigt, dass sowohl bei Cornflakes, als auch bei All Bran, die Aufnahme der Glukose im Blut im gleichen Zeitraum (Darmresorption) erfolgt, d.h. nach 30 Minuten.
Der hohe Ballaststoffanteil der All Bran verlangsamt demnach nicht die Aufnahme der Glukose, wie dies gewöhnlich von Ernährungswissenschaftlern behauptet wird.
Der Zeitpunkt, zu dem die Glukose im Blut nachweisbar ist, ist also unabhängig von der Höhe des GI.

Die Erhöhung des Blutzuckerspiegels ist jedoch nach dem Verzehr der All Bran nur halb so hoch wie nach dem Verzehr der Cornflakes.

Die Studie belegt im Übrigen, dass nach entsprechenden Insulinantworten die Blutzuckerkurve in beiden Fällen nach 180 Minuten auf ihr Ausgangsniveau zurückfällt.

Die Behauptung der Nahrungsmittelindustrie (im Einverständnis mit einigen Ernährungswissenschaftlern), nach der Cerealien mit niedrigem GI eine langsame und schrittweise Freisetzung der Glukose über einen Zeitraum von vier Stunden gewährleisten, kann wenn nicht als Betrug, so doch als reine Phantasie bezeichnet werden.


(*)

"Different glycemic indexs of breakfast cereals are not due to glucose entry into blood but to glucose removal by tissue"

Schenk S. Am. J Clin Nutr. 2003; 78: 742-8

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