Die Verdauung umfasst alle mechanischen und biochemischen Prozesse, durch die die verzehrten Nahrungsmittel in Nährstoffe umgewandelt werden, die vom Körper resorbiert werden.
Nach dem Kauen und Schlucken gelangt der Speisebrei in den Magen, wo die Nährstoffe so verändert werden, dass sie später resorbiert werden können.
Danach setzt sich die Verdauung unter Einwirkung von verdauungswirksamen Enzymen im Dünndarm fort. Nun werden Kohlenhydrate in Glukose, Fette in Fettsäuren und Monoglyzeride und Eiweiß in Aminosäuren umgewandelt.
Die Resorption dieser Nahrungsstoffe erfolgt über die Darmbarriere und der Übergang der Nährstoffe in den Blutkreislauf wird ermöglicht.
Entgegen manchen überkommenen Vorstellungen erfolgt die Resorption der Makronährstoffe nicht mehrere Stunden über die Gesamtlänge des Dünndarms (ca. 6 Meter), sondern nur 80 % der Kohlenhydrate und Fette und 50 % des Eiweiß werden von den ersten 70 cm des Dünndarms aufgenommen.
Man muss davon ausgehen, dass nicht alle Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße des Speisebreis nach der Umwandlung vollständig resorbiert werden. Allerdings geben die meisten Ernährungswissenschaftler und Diätetiker ihren Patienten immer gerne zu verstehen, dass alle Kalorien auf dem Teller dem Organismus nach der Verdauung als Nährstoffe zur Verfügung stehen. Dies ist ein Irrglaube, da die Wirklichkeit ganz anders aussieht.
Kohlenhydrate werden unter der Einwirkung von Verdauungsenzymen, der Alpha-Amylasen von Speichel und Bauchspeicheldrüse verdaut. Die Hydrolyse der Zucker, d.h. ihre Umwandlung in resorbierbare Glukose, hängt jedoch direkt von ihrem glykämischen Index ab.
Der glykämische Index eines Kohlenhydrats misst also seine Fähigkeit, aufgespalten und somit in aufnehmbare "Zucker" umgewandelt zu werden. Man könnte auch sagen, dass der glykämische Index die Wirkung der in "Zucker" umgewandelten und in den Blutstrom gelangten Kohlenhydrate misst.
Anders ausgedrückt, der glykämische Index (GI) gibt den Gehalt der in Glukose umgewandelten Kohlenhydrate an, die resorbiert werden und somit in den Blutkreislauf übergehen.
Beträgt der glykämische Index (GI) von Glukose 100, dann bedeutet dies, dass die Glukose vollständig (zu 100 %) resorbiert wird, sobald sie sich im Dünndarm befindet.
Liegt der GI von Weißbrot bei 70 dann heißt das also, dass 70 % seines reinen Kohlenhydratgehalts (Stärke) aufgespalten werden und die Darmbarriere in Form von Glukose passieren.
Entsprechend werden z. B. bei Linsen, die einen GI von 30 haben, 30 % des Stärkegehalts in Form von Glukose vom Körper aufgenommen.
So kann es bei derselben Menge an Kohlenhydraten auf dem Teller dazu kommen, dass, je nach GI des jeweiligen Kohlenhydrats, ganz unterschiedliche Mengen an Glukose die Darmbarriere passieren und vom Körper resorbiert werden.
Daher kann man sagen, dass der glykämische Index eines Kohlenhydrats die Bioverfügbarkeit des Kohlenhydratgehalts angibt.
Zum besseren Verständnis dieses Phänomens kann es hilfreich sein, es in der gängigen Sprache der traditionellen Ernährungswissenschaftler darzustellen, das heißt in „Kalorien“.
„Kalorien“ auf dem Teller je 100 g reine Kohlenhydrate | glykämischer Index | Kalorien, die dem Organismus nach der Resorption als Glukose zur Verfügung stehen | |
Glukosesirup |
400 kcal
|
100
|
400 kcal
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Pommes frites |
400 kcal
|
95
|
380 kcal
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Weißbrot |
400 kcal
|
70
|
280 kcal
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Linsen |
400 kcal
|
30
|
120 kcal
|
Obige Tabelle zeigt, dass beim Verzehr von Pommes frites statt Linsen (bei gleicher Kohlenhydratkonzentration) die Anzahl der „Kalorien“, die dem Organismus nach der Verdauung tatsächlich zur Verfügung stehen, bei Pommes frites dreimal höher ist als bei Linsen.
Es wäre noch sinnvoller, diesen Sachverhalt umgekehrt darzustellen: Bei der gleichen Menge an Kohlenhydraten liefert der Verzehr von Linsen dreimal weniger verfügbare „Kalorien“.
Außerdem wurde in Versuchen gezeigt, dass der Verzehr von Zucker am Ende einer Mahlzeit (in sehr kleinen Mengen) wenig bis keine Auswirkungen auf das glykämische Gesamtergebnis einer Mahlzeit hat. Die Aufnahme des Zuckers (GI 70) wird durch die Komplexität der Mahlzeit und vor allem den den Ballaststoff- und Eiweißgehalt, der zugeführt wurde, reduziert.
Es sieht natürlich ganz anders aus, wenn Zucker auf leeren Magen beispielsweise in Form eines zuckerhaltigen Getränks (Limonade, Cola) aufgenommen wird. In diesem Fall wird praktisch der gesamte Kohlenhydratgehalt über den Darm resorbiert.
Dieser Punkt ist extrem wichtig!
Zunächst, weil er einen der Grundpfeiler der Montignac-Methode darstellt. Dieser Sachverhalt erklärt, wie man Gewicht verlieren kann und dabei mengenmäßig weiterhin genauso viel essen kann, wenn man sich anders ernährt.
Dieser Punkt ist vor allem deahalb wichtig, weil er die gutgläubige Annahme der traditionellen Ernährungslehre in Frage stellt, demzufolge alle Kalorien „auf dem Teller“ dem Körper nach dem Verzehr zur Verfügung stehen.
Zahlreiche Ernährungswissenschaftler haben seit einigen Jahren das Konzept des glykämischen Index übernommen. Dabei sind sie aber fälschlicherweise davon ausgegangen, dass mit dem glykämischen Index lediglich die Spitzenwerte der Blutzuckerkonzentration gemessen werden können. Das Interesse von Kohlenhydraten mit niedrigem GI (wie z. B. Linsen) besteht für sie nur darin, den Anstieg des maximalen Blutzuckerwertes zu vermeiden und die Resorption von Glukose zeitlich zu verlängern, was uns wieder zu dem Begriff „langsame Zucker“ bringt, der falsch ist, wie dies von verschiedenen Autoren dargelegt wurde, v.a. von Professor G. Slama.
Mehr über den falschen Begriff „langsame Zucker, schnelle Zucker“
Es wurde erklärt (unter Bezugnahme auf die von Jenkins durchgeführten Versuche), dass der GI die Fläche des Dreiecks der Glykämie angibt, die durch den Verzehr eines kohlenhydrathaltigen Nahrungsmittels ausgelöst wird. Dies entspricht einer bestimmten Glukosekonzentration, welche die Darmbarriere passiert hat. Das bedeutet also: Je niedriger der glykämische Index eines Nahrungsmittels ist, desto geringer ist die Glukosekonzentration, die durch die Verdauung des entsprechenden Nahrungsmittels die Darmbarriere passiert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der glykämische Index eines Kohlenhydrats (neben der Blutzuckerkonzentration) den Resorptionsgrad eines Kohlenhydrats angibt, also seine Bioverfügbarkeit, und daher der Anstieg der Blutzuckerkonzentration lediglich der Nachweis für den Kohlenhydratanteil ist, der nach der Umwandlung in Glukose resorbiert wurde.
Fette sind „die schwarzen Schafe“ der herkömmlichen Ernährungswissenschaftler. Das ist darauf zurückzuführen, dass Fette sehr viele Kalorien haben: 9 Kilokalorien pro Gramm.
Wir werden sehen, dass im Gegensatz zu den althergebrachten Vorstellungen nicht alle Fette auf dem Teller unbedingt vom Organismus verwertet werden können. Verschiedene Parameter verändern die Resorption von Fettsäuren.
Die Beschaffenheit von Fettsäuren
Deshalb haben die verschiedenen Arten von Fettsäuren bei gleichem Kaloriengehalt unterschiedliche Auswirkungen auf den Stoffwechsel. Sie können sogar völlig gegensätzliche Auswirkungen haben.
Die Resorption von Fetten wird durch die Position der Fettsäuren auf dem Glyzerin verändert:
95 bis 98 % der Nahrungsfette werden dem Körper als Triglyzeride zugeführt. T äglich werden durchschnittlich 100 bis 150 g Fett mit der Nahrung aufgenommen.
Triglyzeride bestehen chemisch gesehen aus einem Glyzerinmolekül (Zucker-Alkohol), an welchem 3 Fettsäuren in den Positionen 1, 2 und 3 hängen (siehe nebenstehende Grafik).
Der Resorptionsgrad einer Fettsäure hängt von ihrer Position auf dem Glyzerinmolekül ab. Nur die Fettsäuren in Position 2 werden gut resorbiert. Denn die Verdauungsenzyme, die die Fette abbauen (Lipase), greifen an bestimmten Positionen besser als an anderen.
Das bedeutet, dass nicht alle Fettsäuren, die verzehrt und als Kalorien gezählt werden (auf dem Teller), auch unbedingt resorbiert werden (d.h. dem Organismus zur Verfügung stehen, wie dies von den traditionellen Ernährungswissenschaftlern angenommen wird). Es kann sein, dass nicht alle im Dünndarm verdaut, sondern teilweise oder vollständig über den Stuhl ausgeschieden werden.
Außerdem bilden sich bei kalziumreichen Käsesorten, wovon es viele gibt (v.a. Schweizer Käse), zwischen dem Kalzium und den Fettsäuren so genannte „Seifen“ (Fettsäuren + Kalzium), die nicht resorbiert, sondern mit dem Stuhl ausgeschieden werden.
Daraus lässt sich schließen, dass das chemische Umfeld (Fermentierung, Kalzium …) der Fettsäuren von Milchprodukten ihren Resorptionsgrad im Darm bedingt. Dadurch wird nicht nur die Energiemenge beeinflusst, die dem Organismus tatsächlich zur Verfügung steht, sondern auch die Risikofaktoren für Herz- und Gefäß-Krankheiten.
Dies bestätigen auch epidemiologische Studien, die eine Wechselwirkung zwischen dem Verzehr ungesäuerter Milchprodukte (Milch, Butter, Sahne) und der Häufigkeit von Herzerkrankungen aufzeigen.
Diese Studien belegen aber auch, dass durch den mengenmäßig gleichen Verzehr von gesäuerten Milchprodukten (Käse) in bestimmten Ländern nicht dieselben kardiovaskulären Risiken entstehen.
Hier ist vor allem der Vergleich zwischen Finnland und der Schweiz interessant. Man hat festgestellt, dass die Sterblichkeitsrate durch Herz- und Gefäß-Krankheiten in der Schweiz nur halb so hoch ist wie in Finnland, bei nahezu identischem Konsum pro Kopf.
Einer der Hauptgründe dafür ist, dass die Schweizer im Gegensatz zu den Finnen Milchprodukte hauptsächlich in Form von fermentiertem Käse zu sich nehmen.
Noch aufschlussreicher ist der Vergleich zwischen Finnland und Frankreich: Die Franzosen essen nicht nur doppelt so viele Milchprodukte wie die Finnen, sondern ihre Sterblichkeitsrate aufgrund von Herz- und Gefäß-Krankheiten ist 2,5-mal geringer.
Diese Situation erklärt sich durch verschiedene Faktoren, wobei ein Grund darin besteht, dass die Franzosen hauptsächlich fermentierte und gereifte Käsesorten essen.
Der Reifungsprozess des Käses scheint also die Verschiebung der Fettsäuren von P2 nach P1 und P3 zu verstärken, daher werden diese Fettsäuren kaum resorbiert.
Die Resorption von Fetten wird außerdem durch die Menge an Ballaststoffen beeinflusst
Vor allem lösliche Ballaststoffe in Nahrungsmitteln beeinflussen die Resorption der verzehrten Fettsäuren. Daher kann der Verzehr von Äpfeln (Pektin) und Hülsenfrüchten (Pflanzengummi und Quellstoffe) einen erhöhten Cholesterinspiegel senken. Auf dieselbe Weise lässt sich auch Gewichtszunahme vermeiden, wenn die im Organismus verfügbare Kalorienmenge im Vergleich zu der aufgenommenen reduziert wird.
Die Resorption von Eiweiß wird ebenfalls durch verschiedene Faktoren beeinflusst: