Das Scheitern kalorienreduzierter Diäten

Das amerikanische Paradox

1997 zeigte eine groß angelegte amerikanische Studie (1), dass die Energiezufuhr der Amerikaner zwischen 1980 und 1990 um 4 % und ihr Fettkonsum um 11 % gesunken waren. Gleichzeitig war die Zahl der Amerikaner, die kalorienreduzierte Produkte verzehrten, von 19 auf 76 % angestiegen.
Im selben Zeitraum hatte sich die Zahl der Fettleibigen um 31 % erhöht. Die Autoren der Studie wurden von den Ergebnissen so aus der Fassung gebracht, dass sie diese „The American Paradox“ (das amerikanische Paradox) betitelten.

Dabei bestätigte diese amerikanische Studie nur eine offensichtliche Tatsache: Im Gegensatz zu den Behauptungen der Ernährungswissenschaftler besteht kein Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und dem Kaloriengehalt der Nahrungszufuhr.

Gewichtszunahme hängt nicht von der Kalorienzufuhr ab

In Frankreich kommentierte Professor Jacques Freg die SUVIMAX-Studie (2) folgendermaßen: Aus der Studie gehe zwar hervor, dass die Franzosen auf übermäßigen Fettkonsum verzichtet hätten, aber die Ergebnisse blieben hinter den Erwartungen zurück.
Diese französische Studie wurde mit mehr als 14.000 Menschen durchgeführt, die 8 Jahre lang beobachtet wurden (von 1995 bis 2003). Sie zeigt, dass die durchschnittliche tägliche Kalorienzufuhr der Männer bei 2.200 Kalorien und die der Frauen bei 1.600 lag. Das war nicht nur weniger als angenommen, sondern lag sogar weit unter den offiziellen Ernährungsempfehlungen. Trotzdem war das Durchschnittsgewicht der an der Studie beteiligten Menschen während des Beobachtungszeitraums um 30 % gestiegen, während die Kalorienzufuhr um 6 % gesunken war.

Die ASPCC Studie (3), die mit einer repräsentativen Auswahl von Franzosen durchgeführt und 1997 veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Energiezufuhr der gesamten Bevölkerung gering ist. Wie auch in der SUVIMAX-Studie wird festgestellt, dass die durchschnittliche tägliche Kalorienzufuhr niedriger ist, als von den Ernährungswissenschaftlern empfohlen.

Professor Creff lieferte ähnliche Informationen, als er die Statistiken veröffentlichte, die er über die Untersuchungen von Fettleibigen in seiner Abteilung im Hôpital Saint Michel in Paris erstellt hat. Creff hat festgestellt, dass mehr als 50 % der Fettleibigen wenig bzw. sehr wenig essen.

Mehrere Studien, die mit Kindern durchgeführt wurden (4 und 5), gelangen zu derselben Schlussfolgerung: Die Gewichtszunahme hängt nicht von der Kalorienzufuhr ab.

Das Phänomen ist in Russland besonders stark ausgeprägt. 56 % der über 30-jährigen Frauen sind fettleibig, obwohl sie täglich weniger als 1.500 Kalorien aufnehmen und größtenteils viel Energie bei ihrer täglichen Arbeit verbrauchen.

Statistiken zeigen zudem, dass viele Landwirte, Handwerker und Arbeiter fettleibig sind, obwohl sich gerade diese Berufsgruppen im Rahmen ihrer Arbeit viel bewegen.

Ist die offizielle Ernährungsbotschaft aufgrund dieser Tatsachen noch glaubwürdig, wenn sie behauptet, mangelnde körperliche Bewegung sei einer der Hauptgründe für Fettleibigkeit?

Der energetische Faktor ist bei der Gewichtszunahme nicht entscheidend

Insgesamt ist in den westlichen Ländern die mit der Nahrung aufgenommene Energiemenge in den letzten 50 Jahren um 30 bis 35 % gesunken.

Paradoxerweise ist der Anteil der Fettleibigen in diesen Ländern im gleichen Zeitraum um 400 % gestiegen. In Frankreich hat er sich seit Anfang der 60er Jahre vervierfacht.

Ca. 20 % der Inder sind im Laufe von zwei Jahrzehnten fettleibig geworden, obwohl sie weiterhin größtenteils Vegetarier sind, ihre Kalorienzufuhr niedrig ist, und sie weder ihre Essgewohnheiten noch ihren Lebensstil geändert haben.

Wie kann die Diätetik des Energiegleichgewichts dies so hinnehmen ohne sich dabei in Frage zu stellen?

Zwei Schlussfolgerungen liegen nahe:

Anders als lange vermutet, ist der energetische (also kalorische) Faktor der Ernährung bei der Gewichtszunahme nicht entscheidend.
Das Konzept des energetischen Gleichgewichts, auf dem kalorienreduzierte Diäten basieren, ist falsch.

Misserfolg mit kalorienreduzierten Diäten

Die kalorienreduzierten Diäten, die von den meisten Ernährungswissenschaftlern und Diätspezialisten empfohlen werden, sind wirkungslos und gefährlich. Die Statistiken zu der Studie von Professor Van zeigen, dass ihre Wirksamkeit unter 5 % liegt.

Das ist ein dürftiger Erfolg, vor allem im Vergleich zu der 15 bis 25 %igen Erfolgsquote bei Tabak- und Alkoholentwöhnung, die komplexer und schwieriger ist.

Der Stoffwechsel passt sich an die verringerte Kalorienzufuhr an

Kalorienreduzierte Diäten sind wirkungslos, da der Organismus seinen Energieertrag bei verminderter Kalorienzufuhr aufgrund seines Überlebensinstinkts erhöht. Je weniger Kalorien ihm zugeführt werden, desto sparsamer wird er. Sobald sich der Mensch wieder wie vor der Diät ernährt, verfügt der Organismus über mehr Energie, die er als Fettreserven speichert. Die Gewichtszunahme kann sogar stärker sein als das ursprüngliche Übergewicht.

Professor Brownell (6) hat das Phänomen anhand von Untersuchungen mit Labortieren bestätigt, die abwechselnd kalorienreiches und kalorienarmes Futter erhielten.
Die Tiere nahmen zu und ab, aber mit jeder neuen Diät unterschiedlich schnell.
Im Laufe der ersten Diät war der Gewichtsverlust beträchtlich und erfolgte rasch. Im Laufe der regelmäßigen Ernährungsumstellung wurde es immer schwieriger, Gewicht zu verlieren, und die Zunahme erfolgte immer schneller.
Diese Studie beweist, dass sich der Stoffwechsel an die Verringerung der Kalorienzufuhr anpasst.
Jedes Kaloriendefizit kann den Stoffwechselverbrauch stark absenken (um mehr als 50 %). Wird aber wieder auf die normale Ernährung umgestellt, selbst nur vorübergehend, nimmt man wieder zu.

Es ist allgemein bekannt, dass der „JoJo-Effekt“ von aufeinander folgenden kalorienreduzierten Diäten zu allmählichem Widerstand gegenüber jeglicher Art von Gewichtsreduktion führt. Dies ist in zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen (7) gezeigt worden.

Kalorienreduzierte Diäten sind sehr gefährlich, da sie zu einem Mangel an unerlässlichen Mikronährstoffen führen (Mineralsalze, Vitamine, Spurenelemente, essentielle Fettsäuren). Das schwächt den Organismus (chronische Müdigkeit) und macht ihn anfällig für Krankheiten, da der Körper weniger Abwehrkräfte hat.
Hinzu kommt, dass die Muskelmasse bei unzureichender Eiweißzufuhr schwindet. Sie wird durch Fett ersetzt, wenn der Mensch wieder zunimmt.

Irrtum der Ernährungswissenschaftler

Es ist jedoch schwer, erfolgreich ein Konzept zu kritisieren, an dem zahlreiche Wirtschaftszweige verdienen: die Lebensmittelindustrie, die Pharmaindustrie, Drogeriewarenhandel, öffentliche oder private Diätzentren, „Gesundheitsfarmen“, Thalassotherapie-Zentren, Ernährungswissenschaftler und Diätetiker usw. …

Das Thema wird zwar manchmal auf medizinischen Kongressen erwähnt, aber von Journalisten und Massenblättern möglichst gemieden.
Einige bedeutende Wissenschaftler sprechen es jedoch direkt oder indirekt an. Professor Arnaud Basdevant räumte 1990 in einem Radiointerview ein, dass „man am besten zunimmt, wenn man sich zu kalorienreduzierten Diäten zwingt“.
Auf dem internationalen Kongress zur Fettleibigkeit in Antwerpen erklärte Professor Marian Apfelbaum 1993 gegenüber seinen versteinerten Kollegen: „Ja, wir haben uns alle geirrt!“. Dazu muss man sagen, dass es für ihn leicht war, dies zuzugeben, da er kurz danach in Rente ging.

Nur Professor Walter Willett, einer der größten amerikanischen Epidemiologen, hat den Mut, den Schaden anzuprangern, der in den USA durch die Empfehlungen der Ernährungswissenschaftler angerichtet wurde (8). Seiner Meinung nach „sind die Empfehlungen noch nicht einmal das Papier wert, auf dem sie geschrieben stehen und haben sogar dazu beigetragen, der Ausbreitung von Fettleibigkeit Vorschub zu leisten“.

Kalorienzählen ist nur bedingt wirksam

Wie die meisten Lehren des klassischen Ernährungskonzepts ist das Zählen von Nahrungskalorien eine rein theoretische Angelegenheit.


In der Realität werden dabei folgene Punkte nicht berücksichtigt:

Makronährstoffe: Um den Kaloriengehalt eines Nahrungsmittels zu berechnen, muss man zuerst die Zusammensetzung der Makronährstoffe bestimmen (Kohlenhydrate, Fett, Eiweiß). Aufgrund der vielen Parameter, die eine Rolle spielen, variiert der Kaloriengehalt eines Lebensmittels sehr.

Gemäß den Tabellen von Anne Noël¬ setzen sich 100 g Wurstbrät zum Beispiel aus 14 g Eiweiß (14 g x 4 kcal = 56 kcal) und 38 g Fett (38 x 9 kcal = 342) zusammen, also insgesamt 398 kcal.


Die Fleischer stellen aber wahrscheinlich mehr als 10.000 verschiedene Sorten Brät her. Der Kaloriengehalt kann also von einem Produkt zum anderen um 15 bis 20 % schwanken.
Bei einigen Produkten wie Schweineschmalz kann der Kaloriengehalt von einem Metzger zum anderen um bis zu 40 % variieren.

Bei den unterschiedlichen Fleischstücken der Schlachtereien sollten die Rasse, das verwendete Futtermittel (natürlich oder industriell), die Aufzuchtsbedingungen (Weidehaltung oder Stallhaltung) und der Einsatz von Antibiotika und Hormonen berücksichtigt werden. Der tatsächliche Kaloriengehalt kann 15 bis 30 % von den theoretischen Angaben in den Tabellen abweichen.


Ebenso schwankt der reale Kaloriengehalt von Fisch je nach Aufzuchtstort (vor allem bei Industriezucht) und Saison.

Beim Kaloriengehalt eines Nahrungsmittels muss auch die Zubereitungsweise berücksichtigt werden. Er steigt oder sinkt, je nachdem ob mit Fett gegart oder gegrillt wird. Das erklärt auch, warum sich die Zahlen von Tabelle zu Tabelle unterscheiden.

Ballaststoffe: Theoretische Berechungen berücksichtigen nicht die Bedingungen, unter denen Kohlenhydrate und Fette resorbiert d. h. vom Körper aufgenommen werden. Enthält die Mahlzeit Ballaststoffe, können diese die Resorption vermindern.

Darmresorption: Professor G. Slama hat bewiesen, dass „Stärken nicht untereinander austauschbar sind“. Das bedeutet, dass bei gleichem Kohlenhydratgehalt, also gleichem Kaloriengehalt, die Darmresorption bei Pommes frites zum Beispiel dreimal stärker ist als bei Linsen.
Das Gleiche gilt für Fettkalorien, die je nach Positionierung der Fettsäuren auf dem Glyzerinmolekül (Triglyzeride) mehr oder weniger durch die Darmwand resorbiert werden. Professor Serge Renaud hat diesen Sachverhalt 1995 beschrieben.

Fettsäuren: Gesättigte Fettsäuren werden eher gespeichert als direkt genutzt, anders als einfach ungesättigte Fettsäuren.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren) kommen z. B. in Fischfett vor und werden nicht gespeichert. Es ist sogar so, dass sie Stoffwechselmechanismen in Gang setzen, welche die Fettreduzierung begünstigen (Steigerung der Thermogenese, Stimulierung der Lipolyse).

Chronobiologie: Die Resorption der Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße variiert nicht nur je nach Tageszeit, sondern auch je nach Jahreszeit (9 - 11). Diese Entdeckung hat zu einer neuen Wissenschaft geführt: der Chronobiologie (Biorhythmus).

Anzahl der Mahlzeiten: Der Verzehr einer bestimmten Nahrungsmenge (in Kalorien) führt zu unterschiedlichem Energieverbrauch, je nachdem, ob die Menge auf 3 oder 6 Mahlzeiten verteilt wird. Je mehr Mahlzeiten es gibt, desto höher ist der Verbrauch.

Chemisches Milieu der Nahrungsmittel: Bei der theoretischen Berechnung von Kalorien werden weder das chemische Milieu, auf das die Nahrungsmittel im Darm stoßen, noch die Reihenfolge, in der sie im Darm ankommen, berücksichtigt.
Diese Parameter bestimmen den Resorptionsgrad der Nahrungsmittel. Eine Portion Zucker (Saccharose) hat am Ende einer Mahlzeit nur geringe Auswirkungen auf die Glykämie, während sich der Verzehr von Zucker zu Beginn der Mahlzeit stark auswirkt.

Diese Liste ist zwar nicht vollständig, jedoch bei weitem ausreichend, um davon zu überzeugen, dass es nicht optimal ist, nur Kalorien zu zählen.

Dennoch empfiehlt genau dies die Mehrheit der Ernährungswissenschaftler und Diätetiker weiterhin.

 


Wissenschaftliche Referenzen:

(1) Adrian F. Heini “Divergent trends in obesity and fat intake patterns: The American Paradox”. The American Journal of Medicine 1997.
(2) Hercberg S. & coll. “Result of a list of a pilot study of the SUVIMAX project”. Rev. Epidemiol. Santé Publique 1995; 43 : 139-146
(3) Rigaud D., Giachetti I., Deheeger M., Borys JM., Volatier J.L., Lemoine A., Cassuto D. A., (1997) "Enquête Française de consommation alimentaire I. Energie et macronutriments." (ASPCC) Cahiers Nutrition & Diététique, 32, 379-389
(4) Bellisle F. "Obesity and food intake in children: evidence for a role of metabolic and /or behavorial daily rythms" Appetite 1988, 11, 111-118
(5) Rolland-Cachera MF., Bellisle F. “No correlation between adiposity and food intake: why are working class children fatter?” Am.J.Clin.Nutr., 1986, 44, 779-787
Rolland-Cachera MF., Deheeger M. “Adiposity and food intake in young children: the environmental challenge to individual susceptibility” Br.Med.J. 1988, 296, 1037-1038
(6) Brownell KD. “The effects of repeated cycles of weight loss and regain in rats” Phy. Behaviour 1986, 38, 459-464
(7) Louis-Sylvestre L. "poids accordéon: de plus en plus difficile à perdre" Le Généraliste, 1989; 1087; 18-20
(8) Science & Avenir (février 1999)
(9) Bellisle F., Rolland-Cachera MF, Deheeger M. et Guilloud-Bataille M. “Obesity and food intake in children: evidence for a role a metabolic and/or behavorial daily rhythms” (Appetite, 1988, 11 : 111-118)
(10) Armstrong S., Shahbaz C. and Singer G. “Inclusion of meal-reversal in a behavior modification program for obesity” (Appetite, 1981, 2 : 1-5).
(11) Halberg F. “Protection by timing treatment according to bodily rhythms. An analogy to protection by scrubbing before surgery”. (Chronobiologia, suppl. 1, 23-68, 1974).

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